LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON \"Diabetes\" am 11.11.2010

Diagnose Diabetes? Früh erkennen - richtig handeln

Gesund bleiben trotz "Zuckerkrankheit"

Die zehn wichtigsten Leserfragen

 

 
 

 

 

 

 

Stimmt es, dass ein Diabetes im Anfangsstadium noch geheilt werden kann?

  • Prof. Dr. Hilmar Stracke: Ja, das gilt zumindest für den früher als Alterszucker bezeichneten Typ-2-Diabetes, an dem etwa 90 % aller Diabetiker leiden. Je eher dieser erkannt und behandelt wird, umso besser sind die Heilungschancen. Im Anfangsstadium sind diätetische Maßnahmen in Kombination mit regelmäßiger Bewegung sehr effektiv, um den Blutzucker wieder unter Kontrolle zu bekommen. Da aber eine Veranlagung für den Diabetes immer bestehen bleibt, wird der Blutzucker erneut ansteigen, sobald man in die alten Verhaltensmuster zurückfällt. Im späteren Stadium des Typ-2-Diabetes hilft ein gesunder Lebensstil zusammen mit Medikamenten und gegebenenfalls Insulin, den Blutzucker möglichst gut einzustellen und dadurch Folgeschäden vorzubeugen. Beim Typ-1-Diabetes ist leider keine Heilung möglich.

Seitdem bei mir ein Diabetes festgestellt wurde, ernähre ich mich sehr gesund und esse viel Obst und Gemüse. Kann ich dann davon ausgehen, dass ich ausreichend mit allen Vitaminen versorgt bin? Oder benötige ich als Diabetiker mehr?

  • Dr. Burkhard L. Herrmann: Richtig ist, dass Obst und Gemüse, insbesondere Rohkost, viele Vitamine enthalten. Allerdings kann trotzdem ein Vitamin-Mangel auftreten. Für Diabetiker ist unter anderem das Vitamin B1 (Thiamin) sehr wichtig, da es für den Zucker- und Nervenstoffwechsel benötigt wird. Allerdings scheiden Diabetiker dieses Vitamin häufig vermehrt über die Nieren aus. Über die Nahrung allein kann es daher oftmals nicht in ausreichender Menge bereitgestellt werden. Hier sollte an eine zusätzliche medikamentöse Einnahme gedacht werden, insbesondere wenn bereits eine Nervenschädigung, eine Polyneuropathie, besteht. Von Vorteil ist hier eine Vorstufe des Thiamin, das Benfotiamin, das vom Körper und dem Nervengewebe wesentlich besser aufgenommen wird als das herkömmliche Thiamin.

Ich bin seit einigen Jahren Diabetikerin. Bei der letzten Kontrolluntersuchung hat der Arzt bei mir im Urin Eiweiß festgestellt - wohl ein Hinweis auf eine beginnende Nierenschädigung. Wie kann ich verhindern, dass diese voranschreitet?

  • Prof. Dr. Vedat Schwenger: Das Wichtigste ist hier eine konsequente Blutzucker- und vor allem eine optimale Blutdruckeinstellung mit blutdrucksenkenden Medikamenten wie ACE-Hemmern und Angiotensin-Rezeptorblockern. Selbst wenn der Blutzucker optimal eingestellt ist, kann die Nierenschädigung weiter voranschreiten. Einer der wichtigsten Faktoren ist hier der Blutdruck, aber beispielsweise auch das Rauchen schadet der Niere. Zusätzliche Risikofaktoren wie erhöhte Blutfette und Übergewicht gilt es möglichst zu minimieren. Ein weiteres Risiko kann außerdem bei Einnahme von Rheumamedikamenten zur Schmerztherapie (NSAR) oder zum Beispiel bei Kontrastmitteluntersuchungen bestehen. Bestimmte Kontrastmittel bei Röntgenuntersuchungen oder Tomographien können bereits angeschlagene Nieren schädigen. Bei unvermeidbaren Kontrastmitteluntersuchungen ist es wichtig, sich optimal auf die Untersuchung vorzubereiten bzw. engmaschig nachzukontrollieren.

Mein Vater hatte einen schweren Diabetes. Wird das Risiko, daran zu erkranken, eigentlich vererbt?

  • Dr. Burkhard L. Herrmann: Ja. Der Typ-2-Diabetes, der häufig erst im fortgeschrittenen Alter auftritt, ist stärker vererbbar als der so genannte Typ-1-Diabetes. Dies haben Forschungen an Zwillingen ergeben.

Mein Blutzucker ist durch Medikamente gut eingestellt. Trotzdem macht sich bei mir seit einiger Zeit eine Nervenstörung durch ein Kribbeln und leichtes Brennen in beiden Füßen bemerkbar. Was kann ich dagegen tun?

  • Prof. Dr. Hilmar Stracke: Zunächst sollte Ihr behandelnder Arzt klären, ob tatsächlich der Diabetes die Ursache der Nervenstörung (Neuropathie) ist. Bei Diabetikern ist dies wahrscheinlich, aber auch andere Faktoren können eine Neuropathie verursachen. Diese müssen ausgeschlossen werden. Danach sollte ein Neurologe oder Diabetologe Ihre Nervenfunktion und den Grad der Schädigung prüfen. Das erfolgt durch elektrophysiologische Untersuchungen wie die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, des Vibrationsempfindens und der Temperaturwahrnehmung. Bestätigen diese Untersuchungen eine diabetische Neuropathie, ist eine Behandlung mit Benfotiamin anzuraten. Das ist eine gut verträgliche Vorstufe vom Vitamin B1 (Thiamin), die die Nerven vor den schädlichen Auswirkungen des erhöhten Blutzuckers schützt und die mit der Neuropathie verbundenen Beschwerden lindern kann.

Kurz nachdem ich in den Ruhestand ging, hat mein Arzt leichten Zucker bei mir festgestellt. Ich verstehe nicht, warum ich Diabetes habe. Ich ernähre mich gesund, esse viel Obst und mache fast täglich Sport.

  • Dr. Burkhard L. Herrmann: Bereits "leichter Zucker" ist behandlungsbedürftig und muss sofort medikamentös eingestellt werden. Überprüfen Sie noch einmal kritisch Ihr Ernährungsverhalten: Auch wenn Sie sich gesund ernähren, kann es sein, dass Sie insgesamt zu viele Kalorien zu sich nehmen. So hat Obst beispielsweise den Nachteil, dass es durch den Fruchtzucker einen hohen Kaloriengehalt hat und daher eine Gewichtszunahme fördern kann. Daher sollten Sie eher auf die wasserhaltigen Gemüsesorten oder Rohkost zurückgreifen. Der tägliche Sport ist wichtig, insbesondere wenn er zu einer erhöhten Pulsfrequenz über 100 führt und Sie über 30 Minuten zum Schwitzen bringt.

Ich bin Typ-2-Diabetiker. Weil meine Krankheit einige Jahre nicht bekannt war, habe ich erste Schädigungen an den Augen und Nieren. Muss ich bei der Ernährung etwas beachten, damit die Nieren geschont werden?

  • Prof. Dr. Vedat Schwenger: Die Ernährungsmaßnahmen, die für eine gute Blutzuckerkontrolle notwendig sind, spielen natürlich auch für die Nieren eine Rolle. Das heißt, im Vordergrund steht eine gesunde Ernährung. Spezifische diätetische Maßnahmen für die Nieren sind eher von untergeordneter Bedeutung. Eiweißarme Diäten etc. werden heute nicht mehr durchgeführt. Nierenkranke sollten darauf achten, dass sie möglichst wenig Kochsalz und nicht zu viel tierische Proteine (Eiweiß), wie sie beispielsweise im Fleisch enthalten sind, zu sich nehmen. Pflanzliches Eiweiß ist bei Vorliegen einer erhöhten Eiweißausscheidung im Urin vorteilhafter.

Als ich wegen eines Taubheitsgefühls in den Füßen zum Arzt ging, wurde bei mir ein Diabetes festgestellt. Können die Beschwerden wieder weggehen, wenn der Zucker gut eingestellt ist?

  • Dr. Burkhard L. Herrmann: Ein Taubheitsgefühl in den Füßen deutet auf einen schon lange schlecht eingestellten Diabetes mellitus hin, der bei Ihnen erst jetzt diagnostiziert wurde. Hierbei handelt es sich um eine Nervenstörung, eine so genannte Polyneuropathie: Der erhöhte Blutzucker hat die Nerven angegriffen. Grundlage der Polyneuropathie-Behandlung sind Medikamente zur Normalisierung des Blutzuckerspiegels. Häufig reichen diese Therapieformen aber nicht aus, so dass hier zusätzlich spezifische Wirkstoffe gegen die Nervenerkrankung wie Benfotiamin oder Alpha-Liponsäure gegeben werden sollten. Diese helfen, die Missempfindungen in den Füßen zu lindern.

Mein Diabetes scheint nicht so schlimm zu sein. Der Blutzucker ist nur leicht erhöht. Kann ich trotzdem Folgeerkrankungen bekommen?

  • Prof. Dr. Vedat Schwenger: Ja, es gibt durchaus Fälle, bei denen schon ein leicht erhöhter Blutzuckerspiegel Folgeerkrankungen verursacht, insbesondere wenn auch der Blutdruck erhöht ist. Es ist also wichtig, sowohl den Blutzucker als auch den Blutdruck möglichst gut einzustellen.

Ich weiß seit kurzem von meinem Diabetes und soll jetzt beim Neurologen die Nervenleitgeschwindigkeit messen lassen. Warum muss das sein und ist diese Untersuchung schmerzhaft?

  • Prof. Dr. Hilmar Stracke: Diese Untersuchung ist wichtig, um zu prüfen, ob der Diabetes Ihre Nervenfunktion beeinträchtigt hat. Zusätzlich würde ich das Vibrationsempfinden und die Temperaturwahrnehmung messen lassen. Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit kann mit Nadelelektroden erfolgen. Das kann eventuell als etwas schmerzhaft empfunden werden. Es fühlt sich an wie leichte Nadelstiche. Einige Ärzte verwenden aber auch aufklebbare Elektroden, die nicht schmerzhaft sind.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen